Mitarbeiterinnen in einem Amazon Verteilzentrum
APA/HANS KLAUS TECHT
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Politik

Amazon-Lager beschäftigte Sonderlandtag

Die Debatte um den Bau eines Amazon-Logistiklagers in Graz hat den Landtag erreicht: Die KPÖ wollte von Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ) erfahren, was das Land zu tun gedenke – Lackner sagte, sie könne laufende Verfahren nicht kommentieren.

Während Amazon-Gründer Jeff Bezos plant, noch heuer den Posten des Vorstandsvorsitzenden des Internetriesen abzugeben – mehr dazu in Amazon-Chef Bezos kündigt Rückzug an (news.ORF.at) – will der Online-Bestellriese Amazon im Süden von Graz ein riesiges Logistikzentrum bauen. Die Grazer Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) stellt sich vehement gegen diese Pläne: Sie sieht die Lebensqualität in den angrenzenden Siedlungen gefährdet – mehr dazu in Amazon plant Logistikzentrum in Graz.

Verkehr, Umwelt, Krise

Die KPÖ-Klubchefin im Landtag Claudia Klimt-Weithaler sagte zur Einbegleitung der Dringlichen Anfrage an die Umweltlandesrätin im Landtag am Dienstag, es gehe auch darum, „diejenigen, die ihre Steuern da abliefern, wo sie abzuliefern sind, durch die Krise zu tragen – und unseren Kindern eine intakte Umwelt hinterlassen. Wir sprechen da von einem hohen Verkehrsaufkommen in Graz-Liebenau, von einem vierstöckigen Parkhaus, Hunderten Abstellplätzen im Freien, Zu- und Abfahrt auf dem Liebenauer Gürtel, einem Schichtbetrieb von 0.00 bis 24.00 Uhr, mehrere hundert Fahrzeuge mit immenser Lärm- und Schadstoffbelastung und immense Bodenversiegelung von 5,7 Hektar“.

Arbeitsbedingungen unter der Lupe

Die Grazer Wirtschaftskammer habe gemeint, die Wertschöpfung für Graz sei relativ gering: „Das sagt also nicht eine Kommunistin“, so Klimt. Amazon sei nicht ein Betrieb, der dafür bekannt ist, dass er seine Mitarbeiter gut behandle. Bei einer Razzia in einem Amazon-Lager in Großebersdorf in Niederösterreich – mehr dazu in Schwarzarbeit bei Amazon-Lieferanten (noe.ORF.at) – habe die Finanzpolizei massive Verstöße festgestellt. All das widerspreche all dem, was man hier im Landtag immer wieder besprochen habe, Fairness, Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Klimt zitierte u.a. ein Amazon-kritisches Facebook-Posting von Landesrätin Lackner sowie den Grazer SPÖ-Gemeinderatsklubchef Michael Ehmann, der sich gegen das Verteilerzentrum ausgesprochen habe.

Lackner: Einhaltung der Gesetze

Es stelle sich die Frage, werden die steirischen Klimaziele 2030 durch Amazon beeinflusst, und was heiße das für Raumordnungsaspekte bei einer Versiegelung von 5,7 Hektar im Stadtgebiet? Lackner antwortete: „Vieles wurde zuletzt und unter CoV-Einfluss ins Digitale verlagert. Eine Projektentwicklungsgesellschaft will für einen globalen Onlinehändler ein Verteilzentrum errichten“, sagte Lackner.

Als Landesrätin sei es ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein den Gesetzen entsprechendes Verfahren garantiert sei. „Unabhängig davon, welche Einstellung ich zu Projektwerbern habe, ein faires Verfahren steht allen Projektwerbern zu“, so Lackner. Ihr stehe es dagegen nicht zu, sich in ein konkretes und laufendes Verfahren (UVP-Feststellungsverfahren, Anm.) einzumischen oder zu kommentieren. Allerdings wolle sie es nicht akzeptieren, dass finanztechnische Schlupflöcher ausgenutzt und „bei uns geltende Sozialstandards unterlaufen würden. Das ist für mich alles nicht akzeptabel.“ Auch nicht akzeptabel seien prekäre Arbeitsverhältnisse – aber das und ein Verfahren seien zwei Paar Schuhe, sie ersuche, dies auseinanderzuhalten.

Das Gebiet sei als Einkaufszentrum ohne Lebensmittelhandel mit Nutzungsüberlagerung Gewerbegebiet ausgewiesen, seit Jahrzehnten gebe es eine Baulandwidmung. Es sei maximal 70 Prozent Versiegelung der Bauplatzflächen festgelegt, sagte Lackner.

Grüne: Auf Qualität der Gutachten achten

Der Grüne Landtagsabgeordneter Lambert Schönleitner sagte, man könne hier keine steuerrechtlichen Fragen klären, aber man werde solche Konzerne nicht auslassen können, wenn es um Bewältigung der Kosten der Krise gehe. „Niemand hat verlangt, dass in eine Verfahren eingegriffen ist. Aber in derartig sensiblen Fällen muss man darauf achten, dass die Qualität der Gutachten vorhanden ist. Da ist die Behörde gefordert, und da ist eine Landesrätin zuständig.“ Man müsse auch schauen, wie es mit überregionaler Raumordnung und Bauplanung ausschaue. Und die dortige Straßeninfrastruktur sei für Pendler und Logistikverkehr nicht geeignet. Da müsse man auch auf die Gesundheit der Bevölkerung achten.

NEOS sehen Lebensqualität

NEOS-Klubchef Niko Swatek hatte offenbar nicht umfassend Verständnis für die Debatte: Man habe den Eindruck, das absolut Böse nähere sich der Steiermark, dabei sei Onlinehandel wie Amazon längst Lebensrealität vieler Menschen in der Steiermark, sagte Swatek unter anderem, wofür es heftige Schelte von KPÖ-Klubchefin Klimt-Weithaler gab: Wenn Swatek von 250 neuen Jobs spreche und nicht sage, welche Art von Jobs, dann sei das schon naiv.

Hauptthema tagsüber war das Coronavirus

Gleich sechs Dringliche Anfragen der steirischen Landtagsopposition aus FPÖ, Grünen, KPÖ und NEOS hatte sich am Dienstag in Graz die ÖVP-SPÖ-Regierung zu stellen. Es ging vor allem um Fragen in Zusammenhang mit dem Coronavirus – mehr dazu in Sonderlandtag mit „Dringlichen“ zu CoV.