Grazer Synagoge
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Chronik

Antisemitismus immer noch präsent

In der Nacht auf Donnerstag jährt sich die Reichspogromnacht zum 84. Mal, Judenanfeindungen gibt es aber auch heute noch. 381 antisemitische Vorfälle wurden allein im ersten Halbjahr dieses Jahres gemeldet.

In der Reichspogromnacht blieb auch die jüdische Gemeinde in Graz nicht verschont. In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 wurde die alte Grazer Synagoge in Brand gesteckt und die jüdische Bevölkerung schwer misshandelt sowie teils in Konzentrationslager verbracht.

Beschimpfungen „gehören zum Alltag“

Doch auch heute noch müssen die jüdischen Einrichtungen verstärkt observiert und geschützt werden. Seit 2020 ist der Objektschutz nach oben geschraubt worden. Damals wurde auch Elie Rosen, Präsident der jüdischen Gemeinde in Graz, vor der Grazer Synagoge tätlich angegriffen – mehr dazu in Grazer IKG-Präsident mit Holzprügel attackiert (22.8.2020). Kurz davor war die Grazer Synagoge beschmiert worden – mehr dazu in Grazer Synagoge mit Parolen beschmiert (19.8.2020).

Synagoge mit Schule am Grieskai um 1900
Stadtarchiv Graz
Die alte Grazer Synagoge wurde in der Reichspogromnacht in Brand gesteckt

„Wir haben jetzt keine physischen Übergriffe gehabt seither, so verbale ‚Nettigkeiten‘ gehören zum Alltag“, schildert Rosen den Umgang mit Juden heute und spricht von Beschimpfungen, die die Menschenwürde und Religionsfreiheit verletzen: „Das reicht von klassischen Christusmördergeschichten, von denen man glaubt, das es sowas gar nicht mehr gibt, bis hin zu israelorientierten Antisemitismusäußerungen.“ Vor allem E-Mails seien ein beliebtes Medium für Anfeindungen.

381 Vorfälle im ersten Halbjahr

In Österreich ist eine Antisemitismusstelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) eingerichtet. Dieser sind im ersten Halbjahr 381 antisemitische Vorfälle gemeldet worden, das sind mehr als zwei pro Tag. Elie Rosen glaubt, die Dunkelziffer sei weit höher: „Das ist relativ mit Vorsicht zu genießen, weil auch die Meldefreudigkeit von Personen da sehr schwankt.“

Karoline Edtstadler und Elie Rosen vor Synagoge Graz
APA/BKA/Andy Wenzel
Elie Rosen wurden 2020 selbst Opfer eines Attentats

Um Anfeindungen entgegenzuwirken, bietet man laut Rosen Schulführungen an: „Da gehen ein paar tausend SchülerInnen pro Jahr durch unsere Räumlichkeiten“, so Rosen. Auch werden pädagogische Leitfäden für das Lehrpersonal entwickelt, und die Stadt Graz arbeite an einer historischen Aufbereitung des jüdischen Lebens in Graz, wo sich die jüdische Gemeinde stark reduziert hat. Zählte sie vor der Reichspogromnacht beziehungsweise vor dem Zweiten Weltkrieg noch rund 2.000 Menschen, sind es mittlerweile nur noch knapp 150 Mitglieder.