Nora Schmid
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KULTUR

Nora Schmid sagt zum Abschied leise Servus

Nach acht Jahren an der Spitze der Grazer Oper feiert Intendantin Nora Schmid am Samstag Abschied mit einem musikalischen Fest in der Grazer Oper. „Sag zum Abschied leise Servus“ heißt die spezielle Produktion, die einen Rückblick auf ihre Zeit in Graz vornimmt.

Die Abschiedsgala soll ein Fest und ein schönes Miteinander, aber auch ein sich Erinnern sein an die acht vergangenen Saisonen unter ihrer Intendanz, sagt Nora Schmid.

Operette „Der Opernball“ 2015; Nadja Mchantaf (Angèle Aubier), Sieglinde Feldhofer (Hortense), Lotte Marquardt (Palmira Beaubuisson), Margareta Klobučar (Marguérite Duménik) und Gerhard Ernst (Theofil Beaubuisson)
Werner Kmetitsch
Eine der Produktionen der Auftaktsaison von Nora Schmid: „Der Opernball“

Schmunzeln, Freuen, Schluchzen auf der Achterbahn

„Ein Schmunzeln, ein Freuen. Manchmal vielleicht auch ein bisschen ein Schluchzen. Da ist alles dabei. Denn in diesen acht Jahren ist viel passiert. Ich sage immer, die Zahl acht ist eigentlich lustigerweise auch meine Lieblingszahl. Und manchmal ist so ein Job an einem Opernhaus auch eine Achterbahnfahrt, was da tagein, tagaus alles passiert“, so Schmid.

Sie wünsche sich, dass in Erinnerung bleibe, „dass viele Menschen gerne in dieser Zeit hier ins Opernhaus gekommen sind, dass es möglich war, neue oder nicht so bekannte Stücke zu entdecken, die dann doch unglaublich interessant waren, sei es musikalisch, sei es von den Stoffen, von den Themen, von den Geschichten, die da behandelt wurden. Ich hoffe, dass sich viele erinnern, dass wir hier ein fantastisches Ensemble gehabt haben und noch immer haben, dass es immer auch eine gewisse Überraschung birgt, wenn man herkommt, dass es nicht erwartbar ist, aber dass es offen ist und dass hoffentlich unsere Besucherinnen und Besucher über all die Jahren auch immer das Gefühl hatten, hier richtig willkommen geheißen zu sein.“

Die „Fledermaus“ in der Grazer Oper
Oper Graz/Werner Kmetitsch
Publikumserfolg: „Die Fledermaus“

Kommunikation und Krisenmanagement

In den acht Jahren an der Grazer Oper habe sie auch persönlich viele Erfahrungen gesammelt – Schlüsselworte seien Kommunikation, Motivation, Klarheit, Transparenz, „ein offenes Ohr zu haben und irgendwie auch einen Gerechtigkeitssinn“, so Schmid.

„Natürlich sind acht Jahre eine lange Zeit. Das ist ein Lebensabschnitt. Ich bin hierher gezogen, da war mein Sohn zehn Monate alt, und jetzt ist er neuneinhalb. Da erlebt man natürlich viel, auch als Familie, auch als Mutter. Ich glaube, ich bin im Kern eigentlich noch genau die gleiche geblieben, aber ich habe natürlich viele Erfahrungen gesammelt, habe viel gelernt im Krisenmanagement – auch durch die Pandemie.“

Oper zeichnet „Die Passagierin“ auf
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Am Tag der Premiere von „Die Passagierin“ begann der erste Lockdown. Die Premiere musste verschoben werden.

Prägende Pandemie

Die CoV-Pandemie sei „ein Wahnsinnseinschnitt“ gewesen, so die scheidende Intendantin, eine prägende, aber auch anstrengende Zeit. „Ich werde das nie vergessen. Freitag, der 13. März 2020. Die Nachricht: So, jetzt das Haus schließen und keine Ahnung, wann wir es wieder öffnen dürfen. Die Fragen: Wie gehen wir damit um? Ab wann planen wir wieder? Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie viele Planungen wir gemacht haben. Aber trotzdem haben mir viele Kollegen und Kolleginnen gesagt: Du hast irgendwie daran geglaubt, dass es weitergeht, und du hattest einen Plan, eine Strategie, ein Ziel. Und das hat es auch uns möglich gemacht, das durchzuziehen und auf was hinzuarbeiten.“

Die Pandemie habe das Team noch enger zusammenwachsen lassen, so Schmid, aber man sei auch in neue Bereiche vorgestoßen, „in der Kreativität waren wir nicht beschränkt. Es gab digitale Angebote in unterschiedlichster Form – vom Hörspiel bis zum Ballettfilm“.

Nora Schmid im Abschiedsinterview

Nach acht Jahren an der Spitze der Grazer Oper feiert Intendantin Nora Schmid nun Abschied mit einem musikalischen Fest in der Grazer Oper. „Sag’ zum Abschied leise Servus“ heißt die spezielle Produktion am Samstag in der Grazer Oper, die einen Rückblick auf ihre Zeit in Graz vornimmt. Wolfgang Schaller hat mit Nora Schmid darüber gesprochen.

Offen für die Jüngsten

Es sei ihr wichtig gewesen, die Oper auch gesamtgesellschaftlich als offenes Haus zu positionieren und zugänglich zu machen für alle Altersgruppen, für alle Schichten, sagt Nora Schmid: „Wir haben uns nach und nach verjüngt durch die neue Reihe der Sitzkissen-Konzerte ab drei Jahren. Das ist eine ganz große Erfolgsgeschichte geworden, sodass wir jetzt mit ihnen auf Tour gehen, in Kindergärten in der ganzen Steiermark unterwegs sind. Wir haben aber auch gemerkt, dass solche Formate auch die Generation der Eltern zu uns bringt, die dann manchmal auch in andere Vorstellungen geht.“

Gemeinschaftserlebnis Musiktheater

Gefragt nach dem heutigen Stellenwert des Musiktheaters meint Schmid: „Das Musiktheater ist natürlich eine unglaublich komplexe Kunstform, auch eine wahnsinnig aufwendige, wenn man denkt, wie viele Menschen an so einer Aufführung beteiligt sind. Ich glaube aber, das hat auch eine Wahnsinnskraft im Sinnlichen, im Emotionalen, in der Chance zu überwältigen. Und darin sehe ich eine Besonderheit des Musiktheaters im Gemeinschaftserlebnis, im Liveerlebnis, aber eben auch in dieser Kraft durch die Musik, durch die Geschichten, durch die Menschen und die menschliche Stimme, dass das uns auch so berühren und überwältigen kann wie vielleicht sonst kaum was.“

„Der Florentiner Hut“
Oper Graz/Werner Kmetitsch
Die letzte Opernproduktion der Intendanz Schmid: „Der Florentinerhut“

„Eigentlich unbezahlbar“

Musiktheater steht an der Spitze des Kulturbetriebs, auch mit seinem Budget: Subventionen von mehr als 27 Millionen Euro, ein Gesamtbudget von 32 Millionen Euro. Da sei es wichtig, transparent gegenüber dem Publikum zu sein, so Schmid.

„Ich glaube, wichtig ist zu zeigen, was wir tun und eben offen zu sein und das auch zu erklären. Also wir wecken sehr großes Interesse, wenn wir auch mal den Backstagebereich aufmachen. Die Menschen sind oft beeindruckt oder können sich gar nicht vorstellen, in was für Dimensionen wir da agieren, sei es auch in der Technik, auf so einer Bühne, was da alles mit dranhängt. Natürlich ist es teuer, wenn ein ganzes Orchester hier sitzt, ein ganzer Chor, also es gibt ja kaum eine Kunstform, wo so viele Menschen gemeinsam was machen für andere Menschen und das live, also gleichzeitig. Das ist etwas unglaublich Kostbares, dass man aufeinander eingeht, dass man einander vertraut, wie man Geschichten erzählt, dass man aber auch die Besucherinnen und Besucher dazu bringt, genau hinzuhören, genau hinzuschauen. Das ist auch das Kostbare und Wertvolle daran. Und das ist eigentlich unbezahlbar.“

Noch ein Koffer in Dresden

Nora Schmid wechselt mit der Spielzeit 2024/25 an die Semperoper in Dresden. Das sei eine „große, eine nie endende Herausforderung, aber auch eine unglaublich schöne“, sagt sie. „Für mich ist es ein Zurückkehren in eine Stadt, in ein Opernhaus, wo ich schon mal war, wo ich sehr, sehr gerne war. Ich habe immer gesagt, ich habe offenbar noch einen Koffer in Dresden, und es ist ein fantastisches Opernhaus mit einer ausgezeichneten Akustik, mit einer unglaublich reichen und spannenden Geschichte, auch gerade Musikgeschichte. Mich reizt natürlich auch die Sächsische Staatskapelle, eines der weltbesten Orchester überhaupt, eine große, fantastische Ballettkompanie, ein unglaublich starker, intensiver Chor.“

Ballettdirektorin Beate Vollack und Intendantin Nora Schmid
APA/KARIN ZEHETLEITNER

Ballettdirektorin Beate Vollak wechselt nach Toulouse

Auch Ballettdirektorin Beate Vollack verlässt die Grazer Oper: Sie wird ab der Saison 2023/24 Direktorin des Balletts an der Opera national du Capitole de Toulouse. Die französische Kompanie besteht aus 35 Mitgliedern und tanzt sowohl klassisches als auch zeitgenössisches Repertoire.

Vollack war seit der Spielzeit 2018/19 Ballett-Chefin an der Oper Graz. Davor leitete sie von 2014 die Tanzkompanie am Theater St. Gallen. In Graz wird Dirk Elwert neuer Leiter der Sparte Tanz – mehr dazu in Oper Graz: Neues Team – mehrere Erstaufführungen (21.4.2023).