Kampagne Frauenhäuser Steiermark
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Soziales

Gewaltschutzkampagne soll sensibilisieren

Gemeinsam mit dem Verein Frauenhäuser Steiermark und der Männerberatung hat das Land Steiermark jetzt die bislang größte Gewaltschutzkampagne präsentiert: In allen Regionen der Steiermark soll sie ab Montag Betroffene, aber auch die Bevölkerung sensibilisieren.

Erst am Donnerstag gab es wieder einen Mord innerhalb des familiären Umfeldes in Zeltweg – auch die Zahl der Frauenmorde ist in der Steiermark besorgniserregend: Im ersten Halbjahr 2023 wurden in der Steiermark bereits sechs Femizide begangen, so viele wie in keinem anderen Bundesland.

Hälfte der Femizide in der Steiermark

Dass die Hälfte aller österreichweiten Femizide heuer in der Steiermark begangen wurde, sei eine statistische Häufung und liege nicht daran, dass die Gewaltbereitschaft besonders hoch sei, so Michala Gosch vom Verein Frauenhäuser Steiermark.

Klar sei aber, dass die betroffenen Frauen im Vorfeld keine Beratungseinrichtung aufgesucht hätten: „Das wissen wir und das ist auch das, was uns Sorge bereitet. Genau aus dem Grund gibt es diese Kampagne, weil wir einfach das Wissen verbreiten wollen, wo Gewalt anfängt. Viele Frauen kommen zu uns mit jahrelanger Gewalterfahrung, bevor sie irgendwo das erste Mal angedockt sind. Wir müssen die Menschen erreichen mit dem Angebot, das es gibt.“

Schläge sind kein Liebesbeweis

„Schläge sind kein Liebesbeweis“, „Zwang ist keine Zuneigung“ oder „Respekt ist keine Schwäche“ ist auf den Plakaten der aktuellen Kampagne zu lesen, versehen mit Kontakttelefonnummern für Hilfesuchende. Die Sujets wurden im März präsentiert – mehr dazu in Plakatserie macht Gewalt sichtbar (6.3.2023).

Kampagne Frauenhäuser Steiermark
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Die Plakate der aktuellen Gewaltschutzkampagne werden steiermarkweit an 200 Standorten angebracht und sollen auch mögliche Täter dazu bringen, sich Hilfe zu holen.

„Wir müssen gemeinsam daran arbeiten , um etwas gegen Gewalt zu tun, hinschauen auch hinhören. Es geht um Zivilcourage, es geht um Mut und eine gute Begleitung“, betont ÖVP-Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß. Opferschutz-Einrichtungen sollen weiter ausgebaut, aber vor allem auch bei den Tätern stärker angesetzt werden.

Zahlen und Daten zum Gewaltschutz in der Steiermark:

  • Jede fünfte Frau – also 20 Prozent der Frauen – ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt.
  • Jede 3. Frau musste seit ihrem 15. Lebensjahr eine Form von sexueller Belästigung erfahren.
  • Jede 7. Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen.
  • Insgesamt beträgt das Gewaltschutzbudget des Landes rund zehn Millionen Euro.
  • Wegweisungen und Betretungsverbote 2023 bis 26. Juni 2023: 843; 2022: 2107; 2021: 1420.

„Muss mit den Tätern arbeiten“

Soziallandesrätin Doris Kampus von der SPÖ betont: "Fast 40 Prozent der Frauen gehen zum Täter zurück, sie nennen zwei Gründe – das eine ist der Wunsch, die Familie aufrechtzuerhalten und das andere ist die wirtschaftliche Abhängigkeit: Wenn 40 Prozent zurückgehen, ist die Gefahr, dass der Mann das nächste Mal wieder zu Gewalt als Mittel greift, riesengroß. Darum muss man mit den Tätern arbeiten.

Dass Beratung und Hilfe für Täter etwas bewirken können, zeige die seit zwei Jahren verpflichtende Täterarbeit nach Gewaltverbrechen, so Christian Scambor von der Männerberatungsstelle: „Die Erfahrungen sind gut, die meisten Männer kommen und nehmen das Beratungsangebot an und für viele ist es die erste positive Beratungserfahrung überhaupt.“

Hilfe im Krisenfall

Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

  • Frauenhelpline: 0800 222555
  • Frauenhäuser: 0316 429900
  • Polizei: 133
  • Telefonseelsorge: Tel. 142 (ohne Vorwahl)
  • Rat auf Draht: Tel. 147 (ohne Vorwahl)
  • PsyNot: 0800 44 99 33
  • Männernotruf: 0800 246 247
  • Männerinfo – Krisenberatung: 0800/400 777

Darüber hinaus gibt es für Menschen in seelischen Ausnahmezuständen Anlaufstellen, die rasch und unkompliziert Hilfe anbieten, sowie zahlreiche Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen, aber auch für Männer, die Rat brauchen.