Chronik

18 Jahre Haft für Mord an Imbissstand

In Graz ist am Mittwoch ein 56 Jahre alter Tschetschene wegen Mordes zu 18 Jahren Haft verurteilt und in eine forensisch-therapeutische Einrichtung eingewiesen worden. Der Mann hatte im Grazer Volksgarten einen 31-Jährigen am Imbissstand erstochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der 55-Jährige und das 31 Jahre alte Opfer waren im Juli des Vorjahres vor einem Imbissstand im Grazer Volksgarten in eine Auseinandersetzung geraten. Der Angeklagte soll im Zuge dieses Streits ein Messer gezückt und es dem 31-Jährigen in den Bauch gerammt haben – mehr dazu in Mann nach Messerstich in Lebensgefahr (29.7.2022). Der 31-Jährige erlag letztlich im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen – mehr dazu in Nach Streit bei Grazer Imbissstand: Opfer verstorben (2.9.2022).

Der 55-Jährige musste sich deshalb wegen Mordes vor einem Geschworenengericht verantworten. Am ersten Verhandlungstag Mitte Juni gab der Mann an, sich „nicht schuldig“ zu fühlen und sprach von Notwehr. Weil einige Zeugen nicht erschienen, wurde der Prozess aber vertagt – mehr dazu in Tödlicher Streit bei Imbissstand: Prozess vertagt (14.6.2023).

Gericht Akten zu Mord an Jausenstand
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Angeklagter gab Stichbewegung letztlich zu

Am ersten Prozesstag behauptete der Angeklagte, dass das spätere Opfer mit einem Sessel auf ihn losgegangen sei. Er habe den anderen mit seinem Jausenmesser abschrecken wollen, dabei sei ihm das Opfer "ins Messer gefallen“.

Bei der Fortsetzung des Prozesses am Mittwoch räumte der Angeklagte ein, dass er selbst die Stichbewegung gesetzt habe. Und das ist auch das, was die Gerichtsmedizinerin beschrieb: Sie stellte
klar, dass angesichts der Verletzungen, die dem Opfer zugefügt wurden, ein „bewusster und heftiger Stoß notwendig war“. Vom „ins Messer stolpern“ hätte so eine Verletzung nicht passieren können, da wäre dem Angeklagten „das Messer aus der Hand gefallen“. Es handle sich vielmehr um einen gezielten, wuchtigen Stich in Richtung Herzgegend.

Laut Verteidigung „keine Tötungsabsicht“

Die schweren Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wollte Verteidiger Martin Robier aber nicht gelten lassen: „Er hat ausgesagt, er hat einen Stich getätigt; wie heftig der war, ist ihm in dem Fall aber nicht bewusst gewesen, deshalb hat er zu Recht gesagt, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch nicht bedingt vorsätzlich.“ Zudem habe sich sein Mandant zum Zeitpunkt der Tat in einem Ausnahmezustand befunden, verursacht durch Medikamente und Psychopharmaka.

Handschellen
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Zum Tatzeitpunkt sei der Angeklagte laut psychiatrischem Sachverständigen zurechnungsfähig gewesen. Allerdings wurde eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert; der Angeklagte sei laut dem Sachverständigen gefährlich.

18 Jahre Haft und Einweisung

Die Staatsanwältin sprach in ihrem Schlussplädoyer von einem „klaren Mord“. Hätte der Angeklagte in Notwehr gehandelt, wäre er kaum nach Hause gelaufen und hätte seine Frau gebeten, die blutige Wäsche zu waschen, so die Anklägerin, und gewartet, bis die Polizei ihn ausforscht, sondern er wäre wohl selbst zur Polizei gegangen.

Die Geschworenen befanden nach kurzer Beratungszeit mit acht zu null Stimmen, dass es sich um Mord gehandelt habe. Auch die Entscheidung für die Einweisung in eine forensisch-therapeutische Einrichtung fiel einstimmig, dazu verfügte der Senat noch eine Haftstrafe von 18 Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.