Grazer Schwurgerichtssaal
APA/KARIN ZEHETLEITNER
APA/KARIN ZEHETLEITNER
Chronik

17-Jähriger wegen Mordversuchs vor Gericht

Ein 17-Jähriger steht seit Mittwoch in Graz wegen versuchten Mordes vor Gericht. Der Jugendliche soll im Oktober des Vorjahres in Feldbach einen anderen Burschen mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben; zuvor soll es einen Streit zwischen den beiden gegeben haben.

Er wollte den anderen Jugendlichen, damals 16 Jahre alt, schwer verletzen, aber nicht töten, so der Verteidiger des Angeklagten am Mittwoch vor Gericht. Laut der Staatsanwältin hätte es der 17-Jährige aber in Kauf genommen, seinen Kontrahenten zu töten.

Tätliche Auseinandersetzung Wochen zuvor

Zwischen den beiden Jugendlichen soll es schon länger Probleme gegeben haben. Etwa fünf Wochen vor der Tat hatten die beiden laut Staatsanwältin eine tätliche Auseinandersetzung, nach der der Angeklagte ein „Nachspiel“ angekündigt haben soll.

Am 13. Oktober des Vorjahres fuhr der Lehrling nach Graz, kaufte sich ein Messer und traf sich mit dem späteren Opfer im Motorikpark in Feldbach. Der 17-Jährige soll den Burschen von einer Freundesgruppe weggelockt haben – unter dem Vorwand, sich mit ihm auszusprechen. Dann habe er sich plötzlich umgedreht und ihm mit dem Messer in den Bauch gestochen.

Der damals 16-Jährige wurde lebensgefährlich verletzt – er schleppte sich zu einem nahegelegenen Fastfood-Lokal und brach dort auf der Straße zusammen. Die Rettung konnte das Opfer noch selbst alarmieren. Der Angeklagte wurde zu Hause festgenommen, das Messer hatte er laut Anklage in die Raab geworfen – mehr dazu in Mutmaßlicher Mordversuch an 16-Jährigem (14.10.2023).

Messer „zum Selbstschutz“ gekauft

Bei seiner ersten Einvernahme war er nicht geständig. Später sagte er, dass er seinen Kontrahenten nur in den Oberschenkel hätte stechen wollen – er hätte ihm nur eine „mäßige Lektion“ erteilen wollen. Dazu führte die Staatsanwältin aus, dass auch ein Stich in den Oberschenkel tödlich sein könne. „Er bestreitet jede Tötungsabsicht“, betonte der Verteidiger und bezeichnete seinen Mandanten als „gut integrierten, fleißigen Jugendlichen“; das Messer habe er sich nur „zum Selbstschutz“ gekauft.

Der Verteidiger des 17-Jährigen appellierte auch an die Geschworenen, sich nicht von Klischees leiten zu lassen: Der Angeklagte habe zwar Migrationshintergrund, wurde aber in Österreich geboren, habe eine Lehre gemacht, habe eine Arbeit, sei sozial gut integriert und engagiert. Für die Befragung des Jugendlichen wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

„Ich schlafe immer noch schlecht“

Das Opfer sagte am Mittwoch aus, dass ihn der Angeklagte schon in der Schule dauernd beschimpft hätte: „Er wollte sich immer groß machen vor anderen.“ Auf die Tat angesprochen, sagte der Jugendliche, er habe geglaubt, es ginge um eine Versöhnung. „Aus dem Nichts dreht er sich plötzlich um und gibt mir einen Stich“, beschrieb es der 16-Jährige. Er sackte zusammen, glaubte zunächst an einen Faustschlag.

„Dann habe ich gemerkt, dass etwas mein Bein hinunter rinnt“. Er verlor das Bewusstsein und wurde in Graz fünf Stunden lang operiert. Eine rund 20 Zentimeter lange Narbe am Bauch erinnert an den Angriff. „Wie geht es Ihnen heute?“, fragte die Richterin. „Körperlich gut, psychisch nicht so gut. Ich schlafe immer noch sehr schlecht“, antwortete der 16-Jährige. Am Nachmittag werden noch Gutachter und Zeugen befragt. Ein Urteil soll es am Donnerstag geben.

Erst am Dienstag wurden in Graz zwei Jugendliche wegen versuchten Mordes zu vier Jahren bzw. 30 Monaten Haft verurteilt. Die beiden fuhren im August in Linz die Wirtin eines Sushi-Lokals nieder und verletzten sie dabei lebensgefährlich – mehr dazu in Jugendliche wegen Mordversuchs verurteilt.