Um den Sendebetrieb und die mediale Versorgung sicherzustellen, sind erneut rund ein Dutzend Mitarbeiter – vom Moderator bis zum Techniker – isoliert in das ORF-Landesstudio Steiermark eingezogen. Hier finden Sie ihr Tagebuch.
20.04.2020 17.27
20. April 2020, 17.27 Uhr
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Seit 26 Tagen liegt die MS Funkhaus nun in Graz-St. Peter vor Anker. Eigentlich hat sie sich, seit sie vor 40 Jahren hier angelegt hat, nie bewegt. Und doch haben wir in den letzten Wochen einen Stillstand erlebt, wie es ihn in dieser Zeit noch nie gegeben hat. Wir durchleben gerade, was sich niemand vorstellen konnte: Dass man einfach die Pause-Taste drückt und das Leben, wie wir es kennen, anhält. Unser aller Alltag wurde zum Stehen gebracht, rien ne va plus.
Es ist ein riesiges Experiment und die MS Funkhaus ist als Forschungsschiff in einer fremden Welt angekommen – mehr dazu in Tag 16 oder „Leinen los und Segel setzen“ (10.4.2020). Man fühlt sich ein wenig an eine polare Forschungsstation erinnert, auch wenn unser Eis nur aus der Tiefkühltruhe kommt. Unsere Versorgung erfolgt über ein Schleusensystem und die Gespräche mit den Kollegen draußen erfolgen durch das Fenster – der Sicherheitsabstand wird durch den Burggraben gewährleistet.
Das Zeitalter der Burgen war auch das Zeitalter der Pest: das medizinische Wissen um Viren und Hygiene war noch nicht ausreichend bekannt – seelische Reinigung und körperliche Gesundheit bildeten ein gemeinsames Konzept. 40 Tage Fastenzeit sollte auch eine Zeit der Einkehr und der Innenschau sein. Davon abgeleitet wurde die Quarantäne, vom Italienischen „quaranta giorni“ (vierzig Tage). So lange war die Zeit, die die Mannschaft eines ankommenden Schiffs nicht an Land gehen durfte, wenn der Verdacht auf Seuchen bestand.
Für uns beträgt diese Zeit nur 14 Tage. Die Besatzung, die im heimatlichen Hafen vor Anker liegt, aber nicht von Bord gehen darf, setzt sich zusammen aus: Unserem Skipper Martin, der für einen Esprit de Corps sorgt und von dem sich alle gleich wichtig genommen fühlen. Kathi, deren herzliche Art jede Eisdecke zum Schmelzen bringt. Peter, der für uns in die Saiten greift und am Abend für Lagerfeuerstimmung sorgt. Ronny, der nicht nur dafür sorgt, dass wir satt werden, sondern dass wir uns auch in der Kantine wohl fühlen. Helmut, der mit seiner Erfahrung jedem die Sicherheit gibt, dass nichts schief geht.
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Franz, dem die Trennung von seiner Familie zwar nicht leichtfällt, der aber dennoch immer Optimismus versprüht. Maria, die nicht nur beim Dart ihre Kollegen alt aussehen lässt, mit der sich aber jeder mitfreuen kann. Mike, der nicht nur im Studio für den guten Ton sorgt, sondern auch immer Zeit für ein paar Worte hat, wenn die Anspannung zu groß wird. Christian, unser technischer Sani – mehr dazu in Tag 20 oder „Wenn Techniker in Quarantäne gehen“ (14.4.), der immer dann in Aktion tritt, wenn die blechernen Mitarbeiter mit Dienstverweigerung drohen. Lisa, die den ganzen Tag gewissenhaft arbeitet und die beim Tischtennis spielen am Abend, zum Amüsement aller, ihre Maske fallen lässt. Michael, der Messdienst mit Fieberthermometer, der darauf achtet, dass die Stimmung nie zu aufgeheizt wird.
Es sitzt niemand allein auf seiner Eisscholle, wir sitzen alle im selben Boot. Die Crew ist mittlerweile ein eingespieltes Team und beim abendlichen Dart-Turnier tauen alle mehr und mehr auf. Das ist Klimaerwärmung der positiven Art.
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