Visualisierung von Coronaviren
Land Salzburg/Pixabay
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Coronavirus

Rasche Wirkung der Maßnahmen denkbar

Die Wirkung der drastischen Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus könnte sich schon kommende Woche in einem gebremsten Anstieg der Fallzahlen zeigen – dies erwartet zumindest der Grazer Infektiologe Robert Krause.

Bei einer linearen Entwicklung wären für Sonntag 500 bis 600 Coronavirus-Fälle in Österreich zu erwarten, doch würden sich Epidemien üblicherweise exponentiell entwickeln: „Wenn es nur 450 bis 500 sind, dann schaut es gut aus“, so der Professor an der Med-Uni Graz im Gespräch mit der APA.

Infektionen in Österreich
Grafik: ORF.at; Quelle: Bundesministerium für Soziales

„Wenn sich die Kurve biegt und nicht mehr exponentiell ansteigt, dann haben wir die richtigen Maßnahmen ergriffen.“ Dann wäre es möglich, dass Österreich das Virus regional begrenzt zum Verschwinden bringen könnte – dies habe etwa auch Taiwan geschafft, das mit rigorosen Maßnahmen die Zahl der Fälle auf 90 begrenzt habe, anders als Nachbarn wie zB. Japan oder Südkorea.

Maßnahmen radikal, „aber es gab keine andere Wahl“

Krause räumte aber ein, dass ein solches Unterfangen in einem zentral gelegenen EU-Staat deutlich schwieriger zu bewerkstelligen ist und es etwa von Deutschland oder anderen Nachbarländern zu einem neuerlichen Überschwappen des Virus kommen könnte. „Da hilft nichts anderes als die rigorose Beschränkung von Reiseverkehr, wie derzeit an der Grenze zu Italien“, sagte er.

„Ich finde die Maßnahmen radikal, aber es gab keine andere Wahl“, sagt Krause zu den von der Bundesregierung verkündeten Maßnahmen: Sowohl die Einschränkung der Versammlungsfreiheit als auch die Schließung von Universitäten und die differenzierte Vorgangsweise bei Schülern sieht er als sinnvoll an, weil das Verhindern von größeren Menschenansammlungen zu einer „Verlangsamung der Ausbreitung“ führe – mehr daz in CoV: Schulschließungen werden begrüßt und in Viele Veranstaltungen abgesagt. Dass solche Maßnahmen in Italien bisher nicht Wirkung zu zeigen scheinen, führt er darauf zurück, dass sie „wahrscheinlich zu spät“ gesetzt worden seien.

„Supermarkteinkauf im Moment ungefährlich“

Bei Alltagsaktivitäten wie dem Supermarkteinkauf sieht Krause keine Notwendigkeit für Einschränkungen – schließlich handle es sich beim Einkauf um eine „Einzeltätigkeit“; auch gebe es in Österreich „noch nicht so viele Infektionen“, dass man Gefahr laufe, sich von einem anderen Einkäufer bei kurzem Kontakt anzustecken: „Der Supermarkteinkauf ist im Moment ungefährlich.“

In Relation mit Influenza

Auf die Frage nach der Coronavirus-Dunkelziffer durch asymptomatische Fälle sagt Krause, dass diese Zahl wohl geringer sei, als man gemeinhin annehme: Es gebe zwar viele milde Verläufe, „aber die meisten (Infizierten, Anm.) haben doch Symptome“. 20 Prozent der Infizierten kämen ins Krankenhaus, und von diesen wiederum fünf Prozent auf die Intensivstation – somit sei die relative Zahl der „intensivpflichtigen“ Fälle in etwa so groß wie bei der Influenza.

Modellrechnung zu weiteren Ansteckungen

Das Coronavirus verläuft für die meisten Betroffenen mild, sodass diese in häuslicher Quarantäne bleiben können. Infizierte können jedoch mehrere Personen anstecken, wodurch die Zahl schnell steigen kann.

Die Influenza habe deswegen eine statistisch geringere Letalität als das Coronavirus, weil die Gesamtzahl der Erkrankungen höher eingeschätzt werde und somit die Bezugszahl eine andere sei – es werde nämlich geschätzt, dass zehn Prozent der Gesamtbevölkerung an Influenza erkranke. „Das ist aber nur eine Annahme. Jedoch stimmt die ebenso geschätzte Rate der hospitalisierungspflichtigen Influenza-Erkrankten von einem Prozent sehr gut mit den tagesaktuellen Zahlen unseres Steiermarkweiten Influenza-Netzwerkes überein“, schloss der Experte.

Italien mit „Ressourcenproblem“

Krause betont weiters, dass die Rate der Patienten, die am Coronavirus sterben, mit einem bis drei Prozent „relativ konstant“ sei. „Der einzige Abweichler ist Italien mit vier bis fünf Prozent, das dürfte aber ein Ressourcenproblem sein“, sagt er mit Blick auf die massive Belastung des italienischen Gesundheitssystems: Dort sei es offenbar nicht mehr möglich gewesen, „jeden Patienten mit Lungenversagen künstlich zu beatmen“.

Die derzeit regionalen Unterschiede bei der Zahl der Toten führt Krause auch auf Verzögerungseffekte zurück: Die Zahl der Todesopfer sei zunächst niedrig, weil die Krankheit von jüngeren Menschen eingeschleppt werde, „die die Infektion besser aushalten“; erst später stecken sich ältere Menschen an, so Krause – aus diesem Grund sei die „Intensivrate“ bei den Patienten derzeit in Österreich mit ein bis zwei Prozent noch unterdurchschnittlich.

Gesundheitssystem gut vorbereitet

Das österreichische Gesundheitssystem sieht er auf den Ernstfall gut vorbereitet: Man kalkuliere mit dem Zehnfachen der offiziellen Zahlen aus dem Epizentrum der Erkrankung, der chinesischen Region Hubei; entsprechend plane man die Zahl der für Intensivbehandlung erforderlichen Betten und Beatmungsgeräte sowie andere Ressourcen.