Gericht

Fußball-Wettbetrugsprozess fortgesetzt

Nach monatelanger Pause ist am Dienstag in Graz der Prozess rund um 19 manipulierte Fußballspiele fortgesetzt worden. Dabei tauchte auch ein bislang abwesender Angeklagter auf.

Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich um „die wohl größte organisierte und bekannt gewordene Manipulation im Fußball seit Jahren“. Die Spiele fanden zwischen März 2019 und November 2021 vorrangig in der Regionalliga Ost statt, doch auch Spiele der Wiener Liga, zwei ÖFB-Cupspiele, ein Spiel im Burgenland-Cup sowie ein Freundschaftsspiel sind in der Anklage aufgelistet – mehr dazu auch in Fußballspiele manipuliert: STA Graz ermittelt (22.11.2021).

Prozessstart war bereits im Herbst des Vorjahres – mehr dazu in Fußballspiele manipuliert: Prozess angelaufen (4.9.2022). Am vierten Verhandlungstag wurde allerdings vertagt, weil weitere Ermittlungen der Kriminalpolizei notwendig und die Zahlungsflüsse der involvierten Spieler und Angeklagten noch einmal geprüft wurden – mehr dazu in Graz: Neue Beweise bei Wettbetrugsprozess (6.9.2022).

Abwesender Angeklagter aufgetaucht

Bei der Fortsetzung am Dienstag tauchte nun auch einer der zunächst abwesenden Angeklagten auf: Er spielte bei verschiedenen Vereinen und gab an, keinen Kontakt zum angeblichen Drahtzieher des Wettbetrugs gehabt zu haben. Der Richter befragte ihn zu drei Spielen aus dem Jahr 2019, die in der Anklage angeführt sind – der Beschuldigte betonte, es habe keine Manipulationsvereinbarungen gegeben. 2.000 Euro, die er nach einem Spiel erhalten haben soll, seien Schulden gewesen, die ihm zurückgezahlt worden seien.

Einige der Angeklagten hatten sich bereits im Vorfeld schuldig bekannt – sie sollen jeweils ein paar hundert Euro pro Spiel für ihre Mitwirkung bekommen haben. Der eigentliche Drahtzieher ist untergetaucht und konnte bislang nicht befragt werden.

Geschädigt wurden großteils Wettanbieter, die Schadenssumme wurde mit knapp 200.000 Euro beziffert. Im Raum steht allerdings der Verdacht, dass die Beschuldigten nicht nur mit ihren eigenen Namen aktiv waren, sondern auch mit Fremdkonten gewettet haben – etwa mit dem Namen der Schwiegermutter. Damit könnte das Limit pro Spieler umgangen worden und das Betrugsausmaß möglicherweise weit höher sein, als ursprünglich in der Anklage angenommen.

Neuer Bericht nicht mehr aktuell

Schon beim vergangenen Verhandlungstermin hatte ein Ermittler für Aufsehen gesorgt, weil er einen neuen Bericht, der bis dahin niemandem bekannt war, vorgelegt hatte. Er bekam vom Richter den Auftrag, bis 5. Jänner alles auszuarbeiten und dann vorzutragen. Als er nun am Dienstag im Gerichtssaal aussagte, hatte er wieder eine Überraschung parat: „Der Bericht vom 5. Jänner ist nicht mehr aktuell“, meinte er, der Schaden sei „großteils nach unten“ korrigiert worden.

Es seien teilweise Quoten falsch berechnet worden, führte der Zeuge aus. Das Problem lag offenbar bei den Systemwetten, bei denen sich nur vereinzelt manipulierte Spiele befanden. Die Verteidiger waren nicht sonderlich erfreut darüber, ständig mit neuen Tatsachen konfrontiert zu werden. Der Staatsanwalt hatte von Anfang an gemeint, dass es sich nur um die „Spitze des Eisbergs“ handle und eine Ausdehnung der Anklage für wahrscheinlich gehalten.

Die Verhandlung wurde auf Mittwoch vertagt. Sollte tatsächlich noch ein Gutachten benötigt werden, müsste der Prozess wieder für längere Zeit unterbrochen werden.