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Wirtschaft

PV-Ausbau: Bauern bangen um Anbauflächen

Noch bis Ende März läuft die Begutachtungsfrist für das Sachprogramm des Landes zum Photovoltaikausbau. Rund die Hälfte der dafür ins Auge gefassten Flächen sind landwirtschaftliche Freiflächen, die teils von Bauern zugepachtet wurden und nun ersatzlos für den Anbau verloren gehen könnten.

Vor einer Woche wurde von Umwelt-, Wirtschafts- und Agrarressort des Landes das „Sachprogramm“ für den Photovoltaikausbau vorgestellt. In einem ersten Schritt sind darin mehr als 820 Hektar in 34 Gemeinden als sogenannte Vorrangzonen ausgewiesen, die nun für den Bau von Photovoltaikanlagen ins Auge gefasst werden – mehr dazu in Photovoltaik: 824 Hektar in Begutachtung (25.1.2023).

Viele Böden dabei, „die gut sind“

Rund 400 Hektar davon sind landwirtschaftliche Freiflächen, vor allem im Bezirk Leibnitz. Laut Sachprogramm handelt es sich dabei um schlecht nutzbare oder vorbelastete Böden, etwa weil sie vormals zum Schotterabbau genutzt wurden oder weil sie entlang von Autobahnen verlaufen.

Das stimme aber nur teilweise, sagte Josef Kaiser, Obmann in der Landwirtschaftskammer für den Bezirk Leibnitz: „Dass die besten Böden da nicht dabei sind, stimmt so nicht, weil in diesem Sachprogramm sind sehr viele Böden drinnen, die gut sind, aber laut Papier nicht hochwertig, und das passt dann nicht ganz zusammen.“ Denn einige Flächen werden derzeit für den Lebens- und Futtermittelanbau genutzt, die meisten davon sind zugepachtet.

Traktor auf dem Acker
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Die Jungbauern kritisieren, dass teils auch fruchtbare Böden im Sachprogramm enthalten sind

Pachtangebote mit bis zu 8.000 Euro pro Hektar

Die betroffenen Landwirte fürchten nun, Teile ihrer Erwerbsgrundlage zu verlieren, wenn ihr oft nur auf wenige Jahre befristeter Pachtvertrag ausläuft und die Grundeigentümer großen Energieanbietern den Vorzug geben. Diese seien laut Kaiser teils schon vor zwei Jahren an die Grundeigentümer herangetreten und hätten Vorverträge abgeschlossen; der gebotene Pachtpreis betrage das teils Zehnfache von dem, was die Landwirte aktuell zahlen – und das auf eine Pachtdauer von bis zu 30 Jahren, so Kaiser: „Da wird zum Teil Druck auf die Grundeigentümer ausgeübt, dass sie es (das Grundstück, Anm.) hergeben. Da spielt es keine Rolle, ob der Verpächter dann 4.000 Euro oder 8.000 Euro kriegt vom Photovoltaik-Betreiber, weil das kann man als Landwirt sowieso nie zahlen.“

Agri-PV Anlage
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Eine Agri-PV-Referenzanlage gibt es etwa in Bruck/Leitha in Niederösterreich.

Existenzen langfristig bedroht

Auf lange Sicht könne das in Einzelfällen auch Existenzen bedrohen, sagte Bernd Brodtrager – er ist Jungbauern-Vorstand und selbst Landwirt in Hofstätten an der Raab in der Oststeiermark: „Der Nachbar meines Betriebes ist Schweinemäster und Schweinezüchter und bewirtschaftet rund 40 Hektar. Der Großteil seiner Flächen ist zugepachtet. Durch den Wegfall der Pachtflächen über große PV-Freiflächenanlagen entsteht am Familienbetrieb enormer Druck. Die Frage ist, ob man Investitionen, die man über einen Stallneubau getätigt hat, noch zurückzahlen kann und auch, ob der landwirtschaftliche Betrieb für die nächsten Generationen überlebensfähig wäre.“

Auf landwirtschaftlichen Dachflächen werden Photovoltaikanlagen installiert
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Ebenfalls eine Forderung der Jungbauern: Den Landwirt mittels Agri-PV auch zum Energiewirt zu machen

„Dachflächen vor Freiflächen“

Statt Freiflächen sollten laut Jungbauern daher zuerst schwer bewirtschaftbare Flächen wie etwa Hanglagen oder Dachflächen genutzt werden – das fordert auch Bürgermeister Hubert Isker (SPÖ) für seine Gemeinde Gralla; hier sollen laut Sachprogramm knapp 19 Hektar entlang der Autobahn verbaut werden: „Wir werden uns da noch einige Fachmeinungen dazu einholen, und der Gemeinderat wird dann in seiner Sitzung, die spätestens Mitte März sein wird, entscheiden, ob und wie wir unsere Stellungnahme verfassen werden.“ Möglich ist eine Stellungnahme ans Land noch bis 24. März – so gut wie fix ihre Einwände abgeben wollen die steirischen Jungbauern.

Kritik an Bau von Photovoltaik-Anlagen

Vertreter der steirischen Landwirtschaft kritisieren die Ausbaupläne bei Photovoltaik der Landesregierung. Diese Anlagen seien hauptsächlich auf derzeit landwirtschaftlich genutzten Freiflächen geplant.

Auf lange Sicht fordern sie, dass die Wertschöpfung über die Einbeziehung von Bürgerinnen, Gemeinden und landwirtschaftlichen Betrieben in der Region verbleibt und nicht an große Konzerne vergeben werden. Gelingen könne das laut Jungbauern-Vorstand Brodtrager mit „Agri-Photovoltaik“, einer Doppelnutzung der Landwirtschaft im Sinne der Energiewende, die den Landwirt auch zum Energiewirt macht – mehr dazu auch in Neuartige PV-Anlage nutzt Anbaufläche doppelt (2.3.2022) sowie in Haidegg setzt auf Obstbau unter Spannung (17.5.2022).