Elke Kahr hatte mit der KPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl am 26. September überraschend den Langzeitbürgermeister der ÖVP, Siegfried Nagl, gestürzt und mit deutlichem Vorsprung Platz eins geschafft – mehr dazu in Wahlkarten ändern nichts: KPÖ auf Platz eins (26.9.2021). Schon in den Tagen danach zeichnete sich eine linke Mehrheit für eine Zusammenarbeit ab, obwohl SPÖ-Klubchef Michael Ehmann das erklärte Ziel, den Wiedereinzug in den Stadtsenat, nicht geschafft hatte – mehr dazu in Graz: KPÖ will Dunkelrot-Grün-Rot (13.10.2021).
Seit etwa zwei Wochen sind nun KPÖ, Grüne und SPÖ in offiziellen Koalitionsverhandlungen – mehr dazu in Graz: Dunkelrot-Grün-Rot so gut wie fix (22.10.2021) –, und seit Dienstagabend steht die neue Ressortverteilung des Grazer Stadtrats fest. Aufgrund des Proporzes ergibt sich dabei die doch eher ungewöhnliche Situation, dass die SPÖ als Koalitionspartner keinen Sitz hat, die bisherigen Regierungsparteien ÖVP (zwei) und FPÖ (einen) jedoch schon.
„Neue Kultur des Miteinanders“
Dienstagabend führten die Parteispitzen Elke Kahr, Judith Schwentner (Grüne) und Michael Ehmann noch einmal Gespräche mit den anderen im Grazer Gemeinderat vertretenen Parteien und informierten sie über die angedachte Ressortverteilung im neuen Stadtsenat. Kahr sagte im Anschluss, „wir möchten, dass im Grazer Rathaus eine neue Kultur des Miteinanders einzieht. Darum war und ist es uns wichtig, mit allen Parteien auf Augenhöhe zu reden und auch die ÖVP mit verantwortungsvollen und wichtigen Aufgaben zu betrauen.“
- Die künftige Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) wird demnach wieder für Wohnungsangelegenheiten zuständig sein, weiters auch für das Sozialamt und die Magistratsdirektion.
- Die voraussichtliche neue Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) erhält das Straßenamt, die Verkehrsplanung und die Stadtbaudirektion.
- Manfred Eber (KPÖ) zieht neu in die Stadtregierung ein und übernimmt die Finanz- und Vermögensdirektion und auch das Personalamt.
- Der bisherige KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer behält das Gesundheitsressort und wird zudem künftig auch für Integration im Bildungsbereich zuständig sein.
- Die ÖVP-Stadträte Kurt Hohensinner und Günter Riegler werden sich folgende Ressorts aufteilen: Wirtschaft und Tourismus, das Kulturamt, das Sportamt, das Amt für Jugend und Familie sowie die Bau- und Anlagenbehörde.
- Die FPÖ erhält das BürgerInnen-Amt, wobei der Stadtrat namentlich noch nicht feststeht, denn für den ehemaligen Vizebürgermeister Mario Eustacchio muss erst ein Nachfolger gewählt werden – mehr dazu Nachfolge-Suche bei Grazer FPÖ (2.11.2021).
Kahr soll Bürgermeisterin werden
Kahr selbst wird bei der konstituierenden Sitzung am 17. November als Bürgermeisterin vorgeschlagen, Schwentner als Vizebürgermeisterin. Schwentner sagte, sie sei zuversichtlich, in den nächsten Jahren „ein konstruktives Miteinander im Sinne der Stadt“ und der Grazer zu finden. Eine ausgewogene Aufteilung der Ressorts und Verantwortlichkeiten sei den Verhandlern wichtig. „Dass ich selbst in den Bereichen Planung, Mobilität und Klimaschutz Verantwortung übernehmen werde, freut mich. Es gibt viel zu tun“, so die derzeitige Umweltstadträtin.
Beratung und Entscheidung am Freitag
Von entscheidender Bedeutung für die Zustimmung des SPÖ-Vorstandes zur Koalition würden am kommenden Freitag Schwerpunkte und Arbeitsprogramm sein, so SPÖ-Klubchef Michael Ehmann, dessen Partei zwar auf keinen Stadtsenatssitz kam, aber eine wichtige Rolle in der Mehrheitsbildung spielt. „Wir sind auf einem sehr guten Weg – denn auch darin spiegelt sich diese neue Kultur und der gemeinsame Wille wider, Graz noch besser, noch lebenswerter zu machen.“
Freitagabend finden die Gremiensitzungen statt – die Bezirksleitungssitzung der KPÖ, die Mitgliederversammlung der Grünen und der Regionalvorstand der SPÖ: Dabei wird über den Abschluss einer Koalitionsvereinbarung beraten und entschieden. Samstagmittag wollen Elke Kahr, Judith Schwentner und Michael Ehmann über die Ergebnisse ihrer Versammlungen in einem Pressegespräch berichten.